Fernwärme am Ostseestrand – Heiligendamm modernisiert und erweitert Versorgungsnetz
Im Jahr 2016 begannen die Planungen für eine neue Fernwärmeleitung in Deutschlands ältestem Seebadeort, Heiligendamm. Die markanten, weißen Gebäude entlang des Ostseestrandes brachten dem Ort den Beinamen „Weiße Stadt am Meer“ ein.
Diese „Perlenkette“ von weißen Ge-bäuden wird schon geraume Zeit mit Fern-wärme versorgt. Für die Zukunft vorausschauend, erwarteten die Stadtwerke Rostock AG einen Bedarf, der die vorhandene Kapazität der Leitungen übersteigen würde. In 4 Bauabschnitte unterteilt, wurde ein Ausbau geplant. Diese parallele Erweiterung wird zeitweise als 4-Leiternetz betrieben und übernimmt die Versorgung der Uferprome-naden später vollständig.
Wer das Seebad kennt oder es sich ein-fach über die Kartendienste im Internet ansieht, erkennt schnell die Prof.-Dr.-Vogel-Straße hinter der strandnahen Häuserreihe. Hier verlaufen die alte und auch die neue Versorgungsleitung der Fernwärme, für die in Summe 1,1 Mio. Euro investiert wurden.
Nahe den Gleisen der Bäderbahn Molli erfolgte der Anschluss der KMR-Leitung DN200 an die vorhandene 250er Kunststoff-mantelleitung. Auf einer Länge von ungefähr 250 m wurden von German Pipe PREMANT Rohre und Formteile geliefert die von der STRABAG AG Rostock verlegt wurden. Diese Leitung verläuft mehr oder weniger parallel zur bestehenden 150er KMR-Leitung.
Wie üblich waren einige andere Versorgungsleitungen zu queren. Statisch bemessen wurde die Leitung für 16 bar und 110° C im Vorlauf. Entlang der Kühlungsborner Straße ließen sich die berechneten U- und Z-Dehner vergleichsweise komfortabel positionieren. Gebaut aus 1×2 m Bögen waren keine Montagemuffen nötig. In einer Tiefe von 0,8 bis 1,1 m war die Verlegung vorgefertigter Teile ein optimaler Ablauf. Zwischen Kurhaus und Grand Hotel änderte sich diese Situation. Die Flächen zwischen angrenzenden Bauwerken und die Wege wurden enge und es mussten andere Verfahren gewählt werden.
Vorsorglich war hier der Einsatz einer flexiblen Leitung geplant, die das 110° C warme Heizwasser in einer Tiefe von bis zu 4m fließen lässt. Mit dem BRUGG Fernheizkabel FHK konnte, ohne Wege, Parkflächen und Wiesen aufzugraben und mittels Spülbohrung dieser 2. Bauabschnitt fertiggestellt werden. Wichtig war hierbei der Übergang von einem Leitungs-system auf das andere. Flexible Leitungen sind meist selbstkompensierend und vereinfachen die Verlegung. Andererseits muss der Planer den Innendruck weit stärker berücksichtigen als das bei starren Leitungen nötig ist. Die 16 bar des Auslegungsdrucks verursachen an den Enden eine Dehnkraft von etwa 45 kN. Um diese Belastung aufzunehmen wurden die anschließenden PREMANT Rohre und Form-teile statisch bemessen. Ein Teil der Kraft wird von der Mantelreibung aufgenommen, die etwa 4 kN/m beträgt.
Der Großteil der Gegenkraft wird aber über die Seitenpressung der KMR-Bögen gegen das Erdreich erzielt. Hierbei darf die Spannung im PUR-Schaum aber nicht die Grenzwerte der EN 448 überschreiten. Hilfreich ist dabei auch der Stahlmantel des FLEXWELL Fernheizkabels, der einen Teil der Gegenkraft mit aufbringt bzw. überträgt.
Von der 2013 vollständig rekonstruierten Villa Perle bis hinter das Residenzhotel verlief der 3. und 4. Bauabschnitt. Nur unterbrochen von Anschlussstellen und „Schieberkreuzen“ wurden weitere 600 m FLEXWELL 200/310
verlegt. Der Begriff Schieberkreuz ist im heutigen Fernwärmebau eigentlich nicht richtig, denn es handelt sich um Kugelhähne, welche voll verschweißt sind und auch unter hohen Kräften und Momenten sicher öffnen und schließen. Mit diesen Absperrungen wurde der Anschluss an die vorhandene KMR-Leitung hergestellt. Um den späteren Um-schluss zu ermöglichen befinden sich 6 Kugelhähne auf einer Fläche von nur 20 m².
Die eigentlichen Hausanschlüsse, der teil-weise um das Jahr 1800 gegründeten Ge-bäude, wurden nicht verändert. Die Versor-gung erfolgt über die bestehenden Leitungen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird es an dieser Bestandsleitung noch eine Änderung geben.
Die „FWN-Aufrüstung Heiligendamm – 1. bis 4. BA“ (so der offizielle Name des Projekts) zeigt wie durch die planerisch geschickte Kombination starrer und flexibler Rohrsys-teme eine optimale Trasse entsteht. Die statischen Berechnungen konnte der Rohr-lieferant auf Grundlage der detaillierten Ausführungsplanung der Stadtwerke Rostock in einem Zuge erstellen. Die Beeinträchtigung, des für diesen Stadtteil Bad Doberans wich-tigen Tourismus, konnte so auf ein Minimum reduziert werden.
Autor und Ansprechpartner: Uwe Vatter, German Pipe GmbH, Nordhausen
Weitere interessante Fernwärme Informationen finden Sie in der BFW Rohrpost